Das Leben gibt Träumen Gestalt: Von hier aus gestaltet sich die Wirklichkeit.
Es ist ein Irrtum zu glauben, die Pädagogik sei eine Wissenschaft vom Kind und nicht vom Menschen.
Nie das, was sein müsste, sondern einzig, was sein kann.
Hundert Kinder? Nein, hundert Menschen! Ihre Welt ist nicht eine «kleine Welt», sondern eine zeitlich befristete Welt mit ihren Werten, mit Eigenschaften, Hoffnungen und Wünschen; nichts davon ist einfach lächerlich oder unschuldig oder minderwertig, denn es handelt sich dabei stets um das Wesentliche der Menschheit.
Ich verdanke der Medizin, dass ich gelernt habe kleinste Details und widersprüchliche Symptome als Teil eines diagnostischen Bildes festzuhalten. Also finde ich mich -bereichert durch diese Erfahrungen und im Bewusstsein der Macht der Naturgesetze wie der Genialität menschlichen Denkens – immer wieder im Angesicht des Unbekannten – des Kindes.
Während eines Spaziergangs im Walde habe ich zum ersten Mal nicht zu den Kindern gesprochen, sondern mit ihnen.
Die Schönheit einer konkreten Handlung, einer dringenden Arbeit – wie eine Bitte
In einem Heim, wo alles allen gehört, hat der Erzieher die Aufgabe darüber zu wachen, dass jedes Kind mindestens über einen Gegenstand verfügt, der ihm wirklich gehört, und über einen sicheren Ort, wo es ihn versorgen kann.
Der Raum, den ich in diesem Buch («Wie man ein Kind lieben soll» – spätere Übersetzung: «Ein Kind lieben») dem Kameradschaftsgericht widme, mag einigen Lesern masslos erscheinen; allerdings sehe ich darin den ersten Schritt der Emanzipation des Kindes – im Hinblick auf die Ausarbeitung und Proklamation einer Deklaration der Rechte des Kindes.
Die Kinder haben das Recht, Erwachsene vor das Kameradschaftsgericht zu zitieren, das Heimpersonal eingeschlossen. Was mich betrifft, so bin ich fünfmal verurteilt worden. Ich bestätige, dass diese Verhandlungen zum Angelpunkt meiner Selbsterziehung geworden sind. Sie haben aus mir einen «rechtmässigen» Erzieher gemacht, der Kindern nichts Schlechtes tut, nicht weil er für sie Gefühle empfindet oder sie liebt, sondern weil es eine Einrichtung gibt, welche sie gegen Unrechtmässigkeit, Willkür und Herrschsucht des Erziehers verteidigt.
Der Jugendliche und sein Warenwert: Nur vor dem Gesetz und Gott sind die Blüte des Apfelbaums und das Getreide im Wachstum gleichviel wert wie die Äpfel und das reife Getreidefeld.
Ein Leben zum Vergnügen gibt es nicht. Nein, auch die Kindheit besteht aus langen und wichtigen Jahren im Leben eines Menschen.
Die Genfer Gesetzgeber haben die Begriffe von Recht und Pflicht vermischt: Der Wortlaut der Deklaration vermittelt eine Bitte, keine Forderung; es ist ein Appell an den guten Willen, ein Ersuchen um Verständnis.
Achtung: Das moderne Leben verdankt seine Gestalt einer brutalen Wildheit, dem homo rapax: Er bestimmt die Gesetze. Die Konzessionen, die er den Schwachen macht, sind bloss ein Zugeständnis, die Verehrung der Alten, die «Emanzipation» der Frauem, das Wohlwollen gegenüber den Kindern – Täuschungen. Das Gefühl irrt ohne Grenzen. Und dabei sind es gerade die Kinder, diese Dichter und Denker, welche die Prinzen des Herzens sind.