Seit 1989, dem Jahr der Erklärung der internationalen Konvention der Kinderrechte durch die Vereinten Nationen, wird viel von diesen Rechten gesprochen. Aber wer weiss heute noch, dass schon lange vor 1989 Janusz Korczak der Pionier dieser Rechte gewesen ist und dass die Konvention als direktes Erbe seines Denkens betrachtet werden kann?
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat Korczak seinen Wunsch nach einer Art feierlichem Grundgesetz («Magna Charta Libertatis») formuliert. Sein Werk enthält an mehreren Stellen entsprechende Hinweise auf besondere Rechte, welche ihm sehr am Herzen lagen.
Um dazu eine Übersicht zu geben, übernehmen wir von Betty Jean Lifton (in: «Janusz Korczak, der König der Kinder») die Liste mit den Rechten, welche er als die wichtigsten betrachtete, ergänzt mit entsprechenden Zitaten aus seinen Veröffentlichungen.
Die Rechte des Kindes gemäss Korczak
Das Kind hat das Recht geliebt zu werden.
«Liebt Kinder, nicht nur die eigenen!»
Das Kind hat das Recht auf Achtung.
«Fordern wir Respekt für die glänzenden Augen, die glatten Stirnen, für die jugendliche Kraft und das Vertrauen. Warum sollen matte Augen, eine runzlige Stirn, graue Haare … oder eine müde Resignation grösseren Respekt verlangen?»
Das Kind hat das Recht auf die besten Bedingungen für sein Wachstum und seine Entwicklung.
«Wir verlangen, dass Hunger, Kälte, Nässe, betäubende Ausdünstungen und enge Wohnverhältnisse vermieden werden.»
Das Kind hat das Recht auf ein Leben in der Gegenwart.
«Kinder sind nicht Personen von morgen, sie sind Personen im Heute.»
Das Kind hat das Recht es selbst zu sein.
«Ein Kind ist kein Lotterielos, welches dazu bestimmt ist, den Hauptpreis zu gewinnen.»
Das Kind hat das Recht auf Irrtum.
«Wir verzichten auf den illusorischen Wunsch, perfekte Kinder zu haben.»
Das Kind hat das Recht auf Geheimnisse.
«Respektiert ihre Geheimnisse!»
Das Kind hat das Recht ernst genommen zu werden.
«Wer interessiert sich für die Meinung oder die Zustimmung des Kindes?»
Das Kind hat das Recht angenommen zu werden, wie es ist.
«Das Kind hat wenig Handelswert, weil es noch klein ist.»
Das Kind hat das Recht zu wünschen, zu verlangen, zu fordern.
«Mit den Jahren vergrössert sich der Graben zwischen den Forderungen der Erwachsenen und den Wünschen der Kinder zunehmend.»
Das Kind hat das Recht auf «eine gelegentliche Lüge, eine Täuschung, einen Diebstahl».
Das Kind hat das Recht, dass sein Eigentum und seine Wertsachen respektiert werden.
«Jeder hat das Recht, dass sein Eigentum respektiert wird, ob es nun viel oder wenig wert ist.»
Das Kind hat das Recht auf Bildung und Erziehung.
Das Kind hat das Recht sich erzieherischen Einflüssen zu widersetzen, wenn diese zu seinen Überzeugungen im Widerspruch stehen.
«Es ist ein Glück für die Menschheit, dass wir nicht in der Lage sind, Kinder dazu zu zwingen dem nachzugeben, was ihrem gesunden Verstand und ihrer Menschlichkeit schaden muss.»
Das Kind hat das Recht sich gegen ein Unrecht zu wehren.
«Wir müssen mit dem Despotismus Schluss machen.»
Das Kind hat das Recht auf ein Kindergericht, wo es urteilen und von Gleichaltrigen beurteilt werden kann.
«Wir sind die einzigen Richter über das Verhalten, die Bewegungen, die Gedanken des Kindes… Ein Kindergericht ist unverzichtbar… und in fünfzig Jahren wird es keine Schule, keine einzige Einrichtung ohne ein solches Gericht geben.»
Das Kind hat das Recht in einem Rechtssystem verteidigt zu werden, welches auf Kindheit spezialisiert ist.
«Ein Kind, das Unrecht tut, ist noch ein Kind.»
Das Kind hat das Recht, dass sein Kummer respektiert wird.
«Und wäre es wegen eines verlorenen Kieselsteins…»
Das Kind hat das Recht auf seinen Tod.
«Die tiefe Liebe einer Mutter für ihr Kind muss ihm auch das Recht auf einen vorzeitigen Tod zugestehen… Nicht alle Schösslinge werden zu Bäumen.»